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Ein Neuntöter, der den Naturgarten für sich entdeckte.

Junger Neuntöter (Lanius collurio, Rotrückenwürger) im Naturgarten.
Junger Neuntöter

Bei der Umgestaltung eines konventionellen Gartens in einen Naturgarten fragt sich der eine oder andere bestimmt, ob sich der ganze Aufwand lohnt und die verschiedenen, neu angelegten Lebensräume tatsächlich angenommen werden. Ich kann nur sagen: JA! Und zwar schneller als man denkt. Welche Tierarten den Naturgarten besuchen oder gar besiedeln, ist meist eine Überraschung und hängt in hohem Maße von den Arten in der näheren Umgebung ab. Aber sie kommen. Garantiert!

In unserem Falle war es im letzten Sommer unter anderem ein junger Neuntöter (Lanius collurio, auch Rotrückenwürger), dem die Kombination einiger weniger Naturgarten-Elemente im ausklingenden Hochsommer ein ausgesprochen gutes Jagdrevier bot.

Direkt hinter unserem Grundstück befindet sich eine kleine Wiese und dahinter ein Schlehengebüsch, welches schon seit Jahren ein Neuntöterrevier beherbergt. Dort konnten wir die Vögel regelmäßig beobachten, aber nur selten kamen sie bis in unseren Garten. Kein Wunder, bis vor kurzem gab es dort auch nicht viel, wofür sich die Neuntöter interessiert hätten. Im letzten Sommer jedoch blühte endlich die neu angelegte Wildblumenwiese zum ersten Mal, der fischfreie Teich kam hinzu und damit zahlreiche Insekten, die Hauptnahrung dieser Vogelart.

 

Als wir Ende August anreisten, machten wir also eine wunderbare Entdeckung. Der August ist die Zeit, in der sich die Elterntiere unter den Neuntötern bereits auf den Rückweg in ihre afrikanischen Winterquartiere südlich des Äquators machen. Die Jungtiere folgen ihnen jedoch erst ein bis zwei Wochen später, um vor dem Flug noch ihre Energiereserven aufzufüllen und ihre Jagdtechniken zu verbessern.

 

Diese Lücke im Wegzug nutzte ein junger Neuntöter, um sich in unserem Garten so richtig den Bauch vollzuschlagen. Fast zwei Wochen lang sahen wir ihn täglich auf der vor zwei Jahren aufgestellten Sitzwarte aus Totholz. Von dort beobachtete er unsere (zugegeben ziemlich überreife) Blumenwiese, den fischfreien Teich und die Wiese außerhalb unseres Grundstücks und lauerte auf vorbei fliegende Insekten. Hatte er einen saftigen Leckerbissen entdeckt, erbeutete er diesen im schnellen Flug und kehrte rasch mit ihm zur Warte zurück, um ihn dort neuntötergerecht für den Verzehr aufzubereiten. Das heißt genauer, dass meist Flügel und Beine der Insekten abgetrennt wurden. Erst anschließend wurde die Mahlzeit verspeist. Ein Aufspießen von Beutetieren, wie es für Neuntöter typisch ist, konnten wir jedoch nicht beobachten. Sicher aus Mangel an dafür geeignteten Aufspießmöglichkeiten.

 

Gelegentlich streifte der junge Vogel auch durch unseren Garten, setzte sich mal auf den abgestorbenen Ast unserer Lärche oder auf die abgestorbene Tanne. Einmal sahen wir ihn auch in der Ligusterhecke auf die Pirsch gehen. Aber die Sitzwarte an der Blumenwiese am Teich gefiel ihm mit Abstand am besten.

 

Als wir Anfang September abreisten, ließen wir unseren Neuntöter zurück. Also können wir nicht sagen, wie lange er noch blieb. Wir hoffen jedenfalls, dass er sich mit den Insekten aus unserem Naturgarten für seine lange Reise stärken konnte und er gut im Süden Afrikas angekommen ist.

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