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EINE BLUMENWIESE FÜNF JAHRE NACH DER ANLAGE

Genau 83 Tage ist es her, dass ich in diesem Jahr eine kleine Blumenwiese neu angelegt habe. Bis jetzt blühen ausschließlich die Einjährigen und geben einen herrlich bunten Vorgeschmack auf das, was sich erst noch entwickeln muss. Bei all den Blüten und Insekten fühlt es sich an, als wäre das Projekt Blumenwiese schon ein voller Erfolg. Aber ganz so ist es nicht. Es sind eben "nur" die Einjährigen und diese verschwinden nach dem Blütenrausch des ersten Jahres klammheimlich von der Fläche.

Und dann? Wie sieht die Wiese aus, wenn sie verschwunden sind? Kommt auch in den nächsten Jahren ein solcher Blütenreichtum zustande? Bleibt sie auch weiterhin ein Insektenmagnet?

Blumenwiese anlegen, Saatgut mit Einjährigen
Eine kleine Blumenwiese zur Vollblüte der Einjährigen im 1. Jahr

STETIGE VERÄNDERUNG UND ANPASSUNG

Sicher ist, die Blumenwiese wird nie wieder so aussehen wie im ersten Jahr. Sie wird sich ständig verändern. Auch manche Wiesenblumenarten, die im 2. und 3. Jahr noch in großer Zahl auftreten, findet man später nur noch vereinzelt oder gar nicht mehr. Dafür breiten sich dann andere aus. Aber in der Tendenz nimmt die Artenvielfalt unter den ausgesäten Blumen ab.

Das liegt daran, dass sich die Artenzusammensetzung nach und nach an die gegebenen Bedingungen wie Bodenart, Niederschlag, Beschattung, Nutzung usw. anpasst. Die Blumen, die auf Dauer nicht mit den Bedingungen zurechtkommen, verschwinden mit der Zeit. Übrig bleibt eine relativ stabile Artengesellschaft, die ein Gleichgewicht gefunden hat. Das ist die eigentliche Blumenwiese.

Und diese sieht genau wegen dieser verschiedenen Standortbedingungen in jedem Garten anders aus.

BLÜTENREICHE BLUMENWIESEN AUCH NACH JAHREN

Deshalb findet man nach ein paar Jahren nie alle Wiesenblumenarten wieder, die man ausgesät hat. Man kann auch nicht vorhersagen, welche Arten aus der Saatgut-Mischung überhaupt noch da sind und welche verschwinden. Aber: Es sollten trotzdem viele Blüten da sein!

Am besten erreicht man das auf richtig mageren Flächen, auf denen sich die konkurrenzstarken Gräser und Allerweltskräuter nicht mehr durchsetzen können. Denn es gibt Wiesenblumenarten, die sich genau unter diesen Mangelbedingungen prächtig entwickeln, ausbreiten und für eine bunte Blütenfülle sorgen.

MAGERE BLUMENWIESEN SIND LEBENSRAUM FÜR ZAHLREICHE INSEKTENARTEN

Als Beispiel möchte ich die Blumenwiese in unserem Ferienhaus-Gärtchen zeigen, die ich im Frühling 2015 angelegt habe. Sie wächst auf nahezu purem Sand, wird nicht gedüngt und nur 1x im Jahr (im Herbst) geschnitten. Lediglich die schlimmsten Trockenphasen, von denen wir in den letzten beiden Jahren reichlich hatten, werden hin und wieder durch eine moderate Wassergabe gemildert.

Als Folge ist eine Blumenwiese entstanden, in der sich Trockenheit und Nährstoffmangel tolerierende Pflanzen, wie Karthäusernelke, Sandthymian, Großer Ehrenpreis, Nickendes Leimkraut und Scharfer Mauerpfeffer ausgebreitet und fest etabliert haben.

Diese Wildblumen sind hervorragende Nektarlieferanten für Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten, so dass es auf der Wiese stets summt und brummt.

Dass eine solche Blumenwiese eine große Bereicherung für die heimische Tierwelt darstellt und spannende Beobachtungen auch unerwarteter Insektenarten bietet, zeigt das folgende Video:

Eine Überraschungspflanze, weil nicht im verwendeten Blumenwiesen-Saatgut enthalten, ist der Große oder auch Österreichische Ehrenpreis (ihn genau zu bestimmen fällt schwer, aber beide Arten gehören sowieso in die Artengruppe Österreichischer Ehrenpreis).

Veronica austriaca subsp. teucrium
Der Große (Österreichische) Ehrenpreis stammt möglicherweise aus dem Samenpool im Boden oder ist aus der Umgebung eingewandert. Auf jeden Fall breitet er sich stark in der Blumenwiese aus.

Die Karthäusernelke ist der Bestandsbildner in dieser Wiese. Sie war ebenfalls nicht im Blumenwiesen-Saatgut enthalten. Aber woher sie auch kommt, ich freue mich sehr über sie, denn sie wird, wie auch im Video oben zu sehen, von Schmetterlingen aller Art gerne angeflogen.

Dianthus carthusianorum, Gonepteryx rhamni
Hier besucht ein Zitronenfalter die Karthäusernelke.
Dianthus carthusianorum, Aglais io
Hier ein Tagpfauenauge.
Blumenwiese, Hyles gallii
Der Labkrautschwärmer aus dem Video.
Dianthus carthusianorum
Auch Grünwidderchen und Schwebfliegen finden sich an ihr ein.

Eine andere Blumenart, das Taubenkropf-Leimkraut, zieht sich von Jahr zu Jahr weiter zurück. Aber noch kommt es an mehreren Stellen vor, wo es ebenfalls gerne von vielen Insekten besucht wird.

Ochlodes sylvanus, Silene vulgaris
Ein Dickkopffalter ruht sich am verblühten Taubenkropf-Leimkraut aus. Seine Raupen ernähren sich von verschiedenen Gräserarten, das macht sie zu wertvollen kleinen Helferlein in der Blumenwiese.

Am Sandthymian trifft man vor allem auf Wildbienen, aber auch immer wieder auf verschiedene Wespenarten.

Ammophila sabulosa, Thymus serpyllum
Die Gemeine Sandwespe ist besonders häufig am Sandthymian anzutreffen.

Für die gelben, kalkliebenden Färberkamillen ist der Sandboden zwar nicht ideal, aber sie behaupten sich trotzdem von Jahr zu Jahr in dieser Blumenwiese.

Anthemis tinctoria
Färberkamillen
Anthemis tinctoria, Colletes ?
Besonders die kleinen Seidenbienen profitieren von ihrer Anwesenheit.

An besonders trockenen Stellen, die kaum von anderen Pflanzen mehr bewachsen werden, gedeiht einer prächtig: Der Scharfe Mauerpfeffer.

Sedum acre
An unwirtlichen Stellen bildet der Scharfe Mauerpfeffer dichte, reich blühende Kissen.

Eine Blumenwiese ist also auch nach Jahren - und vielleicht gerade dann - ein Blütenparadies, in dem es von Leben nur so wimmelt. Vor allem Insekten finden hier einen idealen Lebensraum. Und Insekten sind wiederum Grundlage für das Überleben vieler anderer Tierarten, die sich von ihnen ernähren.

Pamponerus germanicus
Ganze Nahrungsketten können sich auf Blumenwiesen bilden. Hier hat eine Raubfliege eine Wanze erbeutet.

Grund genug für eine eigene Blumenwiese!


Wie gelingt die Anlage einer Blumenwiese?

Hier geht's zur Übersicht der Artikelserie Wildblumenwiese 2020 oder direkt zu den einzelnen Artikeln:

Noch mehr Methoden der Anlage und Saatgut-Tipps gibt es in dieser Anleitung:

Blumenwiesen


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Kommentare: 8
  • #1

    Jörg (Montag, 01 August 2022 17:03)

    Hallo Mareike,
    ja ich kann dir nur zustimmen,meine Wildblumenwiese (Saatgut Rieger&Hofmann)hat sich nach 3 Jahren jetzt sehr verändert nach der ansaat..
    Ich glaube,dass sie sich noch weiter verändern wird und sich dem regionalen Standort anpasst,sie wird nur einmal gemäht pro Jahr (Ende Juli) es ist ein sehr gutes Futter für die Pferde geworden.
    Der Insektenbereich hat sich auch sehr gut entwickelt aber auch die Rotmilane sind hier heimisch geworden und einige Bodenbrüter (Feldlerche etc.)

  • #2

    Mareike (Dienstag, 02 August 2022 10:29)

    Hallo Jörg,
    das hört sich sehr gut an! Gerade die Feldlerchen haben in den letzten Jahren stark im Bestand abgenommen. Schön dass sie bei dir Platz und Futter für ihren Nachwuchs finden!
    LG Mareike

  • #3

    Jörg (Dienstag, 13 September 2022 10:39)

    Hallo Mareike,
    ich habe mich mal ausgiebig wegen der Veränderung über die Jahre von den Blumenwiesen mit der Firma Rieger-Hofmann unterhalten und die waren der Meinung das die regionale Entwicklung
    schwer voraussehbar ist und auch diese immer individuell zu betrachten ist.
    Aber ein wichtiger Bestandteil für eine Blumenwiese ist der Anteil und Anzahl der Wiesen Margeriten, an der kann man dann die Qualität einer Blumenwiese beurteilen, nach Auffassung vom Rieger-Hofmann .

  • #4

    Mareike (Dienstag, 13 September 2022 13:16)

    Hallo Jörg,
    das ist sehr interessant! Und richtig! Die Entwicklung von Blumenwiesen ist sehr individuell und hängt von unheimlich vielen Faktoren ab.
    Das mit den Margeriten ist ein guter Anhaltspunkt für die meisten durchschnittlichen Gartenböden. Wenn sie dann nicht mehr wachsen, weil der Boden grenzwertig ist (sehr sandig, kiesig, moorig etc), wird es tatsächlich schwierig. Dafür braucht man dann ganz bestimmte und perfekt angepasste Blumen- und Kräuterarten, die dann aber auch schöne und ökologisch hochwertige Ergebnisse liefern können.
    LG Mareike

  • #5

    Andreas L. (Samstag, 17 Juni 2023 13:56)

    Hallo Mareike,
    es ist wirklich interessant hier auch in älteren Einträgen zulesen! Die Wiesenmargerite ist in einem Teil meiner Wiese recht dominant, dort war sie auch schon vor meinen Wieseneinsaaten vorhanden. Inwiefern kann man daran wohl deren Qualität erkennen?
    Es wäre echt super wenn man über neue Beiträge hier per Email informiert werden würde, also mit Loginbereich, so wie in einem Forum, aber der technische Aufwand dafür wäre dann natürlich auch wesentlich höher!
    Gruß Andreas

  • #6

    Mareike (Sonntag, 18 Juni 2023 12:01)

    Hallo Andreas,
    die Wiesenmargerite hält sich auf manchen Standorten sehr gut und bildet dort dauerhaft größere Bestände. Aber auf den meisten neu angelegten Blumenwiesen geht sie nach der Dominanz im 2. und 3. Jahr deutlich zurück. Sagt ihr der Standort zu und wird nicht allzu sehr von anderen Arten bedrängt, hält sie sich aber für viele Jahre.

    Ja, ich hätte hier auch gerne einen moderneren Kommentarbereich, aber mein Website-Anbieter hat nur diese einfache Grundversion. Eine Möglichkeit wäre die Auslagerung an einen Drittanbieter. Dabei würden aber alle alten Kommentare verloren gehen, auch die hilfreichen, die ich wegen ihres Mehrwerts gerne behalten möchte.

    LG Mareike

  • #7

    Sandra (Sonntag, 27 August 2023 02:31)

    Hallo
    Ich habe dieses Jahr eine Blumenwiese angelegt. Es blühen bereits einige Blümchen, z.B. Kornblume und Klatschmohn.das heisst, dass diese nächstes Jahr nicht mehr blühen, oder? Nun habe ich gelesen, dass das einjährige Pflanzen sind. Macht das Sinn im Frühling nochmal Samen auf der Wiese auszubringen? Danke bereits jetzt für Antworten!

  • #8

    Mareike (Sonntag, 27 August 2023 22:27)

    Hallo Sandra,
    die Einjährigen sterben nach der Blüte ab und machen Platz, für die mehrjährigen Arten, den echten Wiesenblumen (sofern du diese auch ausgesät hast). Kornblume und Mohn sind ja keine Wiesenblumen - in richtigen Blumenwiesen kommen sie nicht oder nur sehr vereinzelt mal vor.
    Wenn Kornblumen und Mohn jedes Jahr bei dir blühen sollen, dann musst du die Fläche jedes Jahr erneut umgraben oder anderweitig den Boden bearbeiten. Dadurch können sie wieder keimen und wachsen. Aussäen musst du sie nicht noch mal, weil sie sich selber in großer Zahl aussäen.
    Wenn du so vorgehst, entwickelt sich aber keine Blumenwiese, die wesentlich pflegeleichter wäre.
    LG Mareike